Südwestkirchhof in Stahnsdorf

Einer der außergewöhnlichsten Begräbnisstätten der Welt

Der Südwestkirchhof in Stahnsdorf ist mit seiner Größe von 206ha der zehntgrößte Friedhof der Welt und der zweitgrößte Deutschlands. Eröffnet wurde dieser im März 1909. Heute sind ca. 120.000 Verstorbene auf dem Friedhof beerdigt.

Der Friedhof wurde waldähnlich angelegt und alle Grabmale fügen sich landschaftlich in die Kulisse ein. Auf dem Rundgang kann der Spaziergänger eine Vielzahl von historischen, außergewöhnlichen Grabsteinen, Grabwänden und Skulpturen entdecken. Weiterhin befinden sich unzählige Mausoleen aus den Zeiten des Barocks und der Gotik auf dem Waldfriedhof sowie andere kunsthistorische Bauwerke. Eines davon ist die 1920 geschaffene Arkadenkonstruktion auf acht Eisenbetonpfeilern von Max Taut und Otto Freundlich für den Kaufmann Julius Wissinger. Weiterhin kann das 11 Meter lange Christus-Denkmal aus Marmor besichtigt werden, welches von Ludwig Manzel entworfen und 1923 auf dem Friedhof aufgestellt worden ist. Das Grab von Manzel befindet sich ebenfalls auf dem Südwestkirchhof.
Viele Gräber, die aufgrund der Geschichte hierher überführt worden sind, gehören bekannten Persönlichkeiten aus Politik, Kultur oder Wissenschaft u.a. können die Gräber von Theodor Fontane, Werner von Siemens oder Dieter Thomas Heck aufgesucht werden.

Ein weiterer Anziehungspunkt ist die aus Holz gebaute norwegische Stabkirche. Diese befindet sich im Mittelpunkt des Waldfriedhofes und kann auf eine der Führungen im Inneren besichtigt werden. Ebenfalls auf dem Gelände befindet sich eine alte Hufschmiede, die heute von einem Metallbildhauer betrieben wird.

Dies alles ist Grund genug, dass der Südwestkirchhof 1982 unter Denkmalschutz gestellt worden ist.

Aber nicht nur die Grabstätten sind historisch sehr beeindruckend, sondern auch die Flora und Fauna wird u.a. bei den Führungen angesprochen. Es haben sich über 40 Vogelarten, über 200 Schmetterlings- und über 300 Insektenarten angesiedelt. Viele davon sind heute vom Aussterben bedroht. Aber auch Dachse, Rehe, Füchse oder Wildschweine finden auf dem Waldfriedhof ihren Lebensraum. Letztere sind heute aber eher als Plage anzusehen, da sie den Friedhof eher verwüsten. In den Grüften und Mausoleen leben 4 verschiedene Fledermausarten.
Weiterhin sind auf dem Gelände über 200.000 Bäume, Sträucher, Büsche und Blumen zu finden.

Wer dem Waldfriedhof einen Besuch abstatten möchte, kann sich eine der Führungen anschließen, die täglich stattfinden, oder den Friedhof auf eigene Faust mit einem Audioguide erkunden.

Die Friedhofskappelle

Die hölzerne Friedhofskapelle wurde nach 4-monatiger Bauzeit ebenfalls 1909 eröffnet. Der weiterführende Innenausbau mit Bemalungen und Schnitzereien wurde 1911 abgeschlossen. Gustav Werner erbaute die Kapelle nach dem Vorbild von norwegischen Stabkirchen. Einziger Unterschied ist, dass sie in waagerechter Blockbauweise errichtet worden ist und nicht senkrechter Stabbauweise. Gustav Werner fand gegenüber seinem sensationellen Bauwerk seine letzte Ruhe. Unter der Friedhofskapelle befindet sich der Leichenkeller.

Heute finden in der dreischiffigen Holzkapelle nicht nur Trauerfeiern und Gottesdienste statt, sondern auch musikalische Veranstaltungen. Die Orgel von Wilhelm Sauer ist noch immer im Originalzustand vorzufinden. Auch die Inneneinrichtung, die Ornamentfenster und Bemalungen sind noch immer unverändert. Die Friedhofskapelle hat 250 Sitz- und 100 Stehplätze.

Die Friedhofskapelle kann auf einer der Führungen mit besichtigt werden.

Besucherinformationen

Anreise zum Südwestkirchhof

Die Geschichte des Südkirchhofs

Aufgrund der stetig steigenden Einwohnerzahl und der Erweiterung Berlins am Ende des 19. Jahrhunderts zeichnete es sich ab, dass die Begräbnisplätze knapp werden würden. Auch die Schließung der Stadtfriedhöfe war nicht von Vorteil und führte zu einem Mangel an Begräbnisflächen. Insofern wurden von den Stadtpfarreien des Berliner Stadtsynodalverbandes im Berliner Umland 3 Grundstücke erworben, um neue Friedhöfe zu errichten.
Die Planungen eines Nordkirchhofs in Mühlenbeck wurden nie umgesetzt. Aber 1908 entstand vor den Toren Berlins der Ostkirchhof Ahrensfelde und 1909 der Südwestkirchhof in Stahnsdorf mit seiner hölzernen Friedhofskapelle. Die Ackerfläche des Plangebietes war zum Teil Kiefernwald, wodurch ein schöner Waldfriedhof entstand.
Der Südwestkirchhof wurde von Louis Meyer nach dem Vorbild von Anlagen von Peter Joseph Lennè angelegt. Die Anlage in unterschiedliche Bestattungsblocks war neu und diese waren den Kirchengemeinden zugeordnet. So wurden Verstorbene aus den Bezirken Charlottenburg und Schöneberg in den gleichnamigen Blocks beerdigt.

Der Südwestfriedhof erlangte immer mehr Beliebtheit und wurde eine zentrale Begräbnisstätte in Berlin. Einer der Gründe für die Blütezeit war die 1913 eröffnete S-Bahn-Verbindung. Die 4,4km lange Strecke führte vom S-Bahnhof Wannsee über Stahnsdorf direkt vor die Tore des Waldfriedhofs. 1928 wurde auf dem Vorplatz des Friedhofs ein eigens Bahnhofsgebäude eingeweiht. Die sogenannte Friedhofsbahn wurde umgangssprachlich eher als Leichen- oder Witwenbahn bezeichnet, denn neben der Beförderung der Angehörigen und Besucher wurden hiermit auch die Särge transportiert.

Die Erweiterung Berlins nach den Planungen Albert Speers und die damalige Schließung der Stadtfriedhöfe führte zu einer umfangreichen Umbettung. So wurden 1938-1940 Teile der Friedhöfe enteignet und ca. 15.000 Grabstätten zum Südwestkirchhof umgebettet – darunter auch viele bekannte Persönlichkeiten wie z.B. Walter Gropius oder Gustav Langenscheidt.

Nach Ende des zweiten Weltkrieges und der Teilung Deutschlands lag der waldähnliche Friedhof auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik („DDR“). Der Südwestkirchhof lag nun im Grenzgebiet und die Friedhofsbahn musste eine Grenze überqueren. Mit dem Mauerbau am 13. August 1961 wurde die Bahnverbindung eingestellt, die Gleise abgebaut und das Bahnhofsgebäude auf dem Vorplatz wurde 1976 gesprengt. Heute kann man den Bestand der Friedhofsbahn nur noch an den verfallenen Brücken und den noch vorhandenen Unterführungen erkennen.

Während der DDR-Zeit verlor der Friedhof immer mehr an Bedeutung. Es fanden zwar immer noch Beerdigungen statt, aber die eigentlichen Einzugsbezirke gehörten nun zu West-Berlin. Darüber hinaus führte die fehlende S-Bahnverbindung zu einem Rückgang der Nutzung und Beliebtheit. Immer mehr Gräber und Mausoleen verfielen oder wuchsen mit Wald und Gebüschen zu. Dies ist auch heute noch daran zu erkennen, dass viele Begräbnisstellen mitten im Wald zu finden oder die Grabsteine verfallen bzw. zugewuchert sind.

Nach der Wende hat die Kirche wieder die Verwaltung des Südwestkirchhofs übernommen. Heute ist die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz für den Erhalt zuständig. Zur alten Beliebtheit und Blütezeit konnte der Friedhof nie wieder zurückkehren. In den letzten Jahren konnte man aber durch die neue Bestattungsform des Urnen-Baumgrabs einen Anstieg an Bestattungen verzeichnen.
Eine größere Bedeutung hat der Südwestkirchhof als historische Anlage mit seinen Denkmälern und Gräbern. Aber aufgrund des Engpasses von finanziellen Mitteln gestaltet es sich schwierig, diese zu restaurieren. Hierfür werden immer gerne Grabpaten gesucht, die sich an den Erhalt und der Pflege, sowie der Restaurierung beteiligen. Als Gegenleistung hat man die Option, sich in den Mausoleen bestatten zu lassen.

Immer mehr Beliebtheit erlangt der historische Friedhof durch die Nutzung der Medienwelt. Unter anderem drehten auf dem Gelände die Netflix-Serie „Dark“ und der Film „Sein letztes Rennen“ mit Dieter Hallervorden ein paar Szenen. Auch die Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ nutzt den Waldfriedhof gerne als Schauplatz für seine Außendrehs.
2004 besuchte sogar die englische Königin Elizabeth II den Südwestkirchhof in Stahnsdorf, um den Verstorbenen des ersten Weltkrieges zu gedenken.